„Ich kann aus eigenem Erleben bestätigen, dass Koalitionsverhandlungen nicht vergnügungssteuerpflichtig sind. Daher finde ich es erst mal gut, dass sich in Berlin eine Koalition gefunden hat“, sagt die Thüringer Finanzministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Katja Wolf.
Aber schon bei der ersten Lektüre des Koalitionsvertrages stellt die Thüringer Finanzministerin fest: „Da gibt es viele ungedeckte Schecks, gerade auch in der Steuer- und Finanzpolitik. Und einige Übereinkünfte gehen voll zu Lasten der Länder und Kommunen, ohne dass ein Ausgleich abzusehen wäre.“
Sie führt beispielsweise die geplanten Entlastungen für kleinere und mittlere Einkommen bei der Einkommenssteuer an. „Das ist ja löblich, aber die Einnahmeausfälle müssen da komplett Länder und Kommunen tragen, weil die CDU eine moderate Erhöhung der Progression für hohe Einkommen verhindert hat“, so Wolf weiter. Ähnlich sei es bei der Körperschaftssteuer. Der dort von der Koalition geplante „Steuersenkungswettlauf“ werde sich zur Hälfte negativ in den Länderhaushalten bemerkbar machen und so dann auch bei den Kommunen für Mindereinnahmen sorgen.
Ansonsten bleibe es bei vollmundigen Ankündigungen. Die vorgesehenen Sonderabschreibungen für größere Unternehmen seien, so Wolf, gut, um Investitionen im Abschwung zu fördern. „Es wäre aber hilfreich zu erfahren, wie das Ganze gegenfinanziert werden soll."
Wolf weiter: „Und dass die SPD im Wahlkampf eine Vermögenssteuer fordert, und sich direkt nach der Wahl wieder davon verabschiedet, hat ja schon ein wenig Tradition." Gleiches gilt für die überfällige Reform der Erbschaftsteuer, mit der die SPD die Bildung stärken wollte.
Natürlich gebe es auch einige positive Punkte, etwa dass sich der Bund stärker an der Finanzierung der Sonderversorgungssysteme aus DDR-Zeiten beteiligen wolle. Auch die Absenkung von Stromsteuer und Netzübertragungsentgelten seien gut, müssten aber noch konkreter ausgestaltet werden. „Warum man sich dort gegen die Übernahme der Übertagungsnetze durch die öffentliche Hand stemmt, gleichzeitig aber durch staatliche Beteiligung an Rüstungskonzernen eine Art Rüstungs-VEB schaffen will, erschließt sich nicht so recht“, findet Wolf.
Klar sei aber, dass die Koalition nicht die Kraft zu haben scheine, eines der gesellschaftlich brennendsten Probleme anzugehen: Eine echte Rentenreform. Wolf: „Und das ist bitter. Da werden viele Wohltaten versprochen, zur Finanzierung kommt nur wenig, zur Zukunft nach 2031 nichts. Wer sein Leben lang ein kleines Einkommen hatte, wird weiter mit einer Mini-Rente abgespeist.“