Das Gericht hält die Richterbesoldung im Freistaat Thüringen in den Jahren 2020 bis 2022 und 2024 für verfassungswidrig und legt diese nun dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vor. Die Entscheidung fiel nach mündlichen Anhörungen im Rahmen zweier Musterverfahren.
Von maßgeblicher Bedeutung für die Entscheidung war nach Auffassung des Gerichts die Nichteinhaltung des sogenannten Mindestabstandsgebots in den Jahren 2020 bis 2022 und 2024. Danach muss ein verheirateter Beamter in der untersten Besoldungsgruppe und niedrigsten Erfahrungsstufe mit zwei Kindern insgesamt mindestens 15 Prozent mehr Geld zur Verfügung haben als eine vergleichbare Familie, die Leistungen der Grundsicherung bezieht. Diese Grenze wurde im Freistaat Thüringen nach Auffassung des Gerichts in den Jahren 2020 bis 2022 und 2024, nicht eingehalten, sondern zur Überzeugung der Kammer klar unterschritten.
Dazu nimmt das Thüringer Finanzministerium (TFM) wie folgt Stellung: Das TFM hat in seinen Gesetzentwürfen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dessen Beschlüssen vom 4. Mai 2020 als erstes Land konsequent umgesetzt und dabei im Ländervergleich eine Vorreiterrolle eingenommen.
Besonderen Wert hat das TFM dabei auf die vom Bundesverfassungsgericht auferlegten Beobachtungs- und Anpassungspflichten in Bezug auf die Alimentation gelegt. Dies gilt insbesondere für die Einhaltung des Mindestabstands der Nettoalimentation zum Grundsicherungsniveau, die mit viel Aufwand für jedes Jahr sorgfältig ermittelt, in den Gesetzesbegründungen nachvollziehbar dargelegt und nach Ablauf eines jeden Jahres überprüft wurde.
Die Einschätzung des Gerichts, die Richter im Freistaat Thüringen seien in den Jahren 2020 bis 2022 und 2024 offensichtlich in verfassungswidriger Weise zu niedrig besoldet worden, überrascht vor diesem Hintergrund durchaus.
Daher ist zu begrüßen, dass das Verwaltungsgericht Meiningen diese Sachverhalte nunmehr dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorlegen wird. Soweit das Bundesverfassungsgericht eine verfassungswidrige Alimentation für die im Streit stehenden Jahre tatsächlich feststellt, wird der Thüringer Besoldungsgesetzgeber diesen Verfassungsverstoß durch eine gesetzliche Anpassungsregelung unverzüglich beseitigen.
Für den Freistaat Thüringen nimmt die verfassungsgemäße Alimentation seiner Beamten und Richter einen hohen Stellenwert ein. Derzeit ist ein Gesetz in Vorbereitung, dass für das Jahr 2025 die verfassungsgemäße Alimentation sicherstellt.
Eine genauere Bewertung der Auffassung des Gerichts kann erst erfolgen, wenn dem TFM der Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht vorliegt.“
