„Mir ist es wichtig zu wissen, welche Hürden es bei der Umsetzung solcher Projekte in der Praxis gibt“, so die Finanzministerin.
An drei Standorten betreut die Abteilung Bezüge des Thüringer Landesamtes für Finanzen rund 69.400 aktive Bedienstete und Versorgungsempfängerinnen und -empfänger des Freistaats, an die im Jahr 2020 rund 3,3 Milliarden Euro ausgezahlt wurden. Beamtinnen und Beamten wurden 1,7 Milliarden Euro (Bruttobezüge), Tarifbeschäftigen 1,3 Milliarden Euro (Bruttobezüge) und Versorgungsempfängerinnen und -empfängern 300 Millionen Euro (Bruttobezüge) gewährt. Die Anzahl der Versorgungsempfängerinnen und -empfänger ist dabei in den letzten dreieinhalb Jahren um etwa 49 Prozent gestiegen. „Die Zahl der Versorgungsempfängerinnen und -empfänger wird in den nächsten Jahren aufgrund der demographischen Entwicklung noch weiter ansteigen, das bedeutet auch die Ausgaben für Versorgungsbezüge werden steigen. Letztlich steigen damit auch die Anforderungen an die Arbeitsleistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezügestelle weiter“, sagt die Finanzministerin.
Der Gesetzesentwurf zur Gewährleistung einer verfassungsgemäßen Alimentation wurde am 2. Juli in den Landtag eingebracht und an den Haushalts- und Finanzausschuss zur weiteren Beratung überwiesen. „Ist das Gesetz erst verabschiedet, verlangt die Umsetzung von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bezügestelle höchste Konzentration, denn bei der Änderung der sensiblen Daten im elektronischen Berechnungsprogramm dürfen keine Fehler passieren“, weiß Heike Taubert. Das Gesetz sieht vor, dass in den Besoldungsgruppen A 6 und A 7 jeweils die Erfahrungsstufen 1 gestrichen und die kinderbezogenen Familienzuschläge für alle Besoldungsgruppen in gleicher Höhe angehoben werden. Es soll außerdem das Grundgehalt der Besoldungsgruppe W 3 für das Jahr 2020 erhöht werden. „Mit der Anhebung der kinderbezogenen Bestandteile des Familienzuschlags bessern wir da nach, wo die Alimentation bisher nicht amtsangemessen war“, sagt Taubert zusammen. Durch die Umsetzung des Gesetzentwurfes werden im Landesbereich die Familienzuschläge für mehr als 21.200 Kinder erhöht. Die jährlichen Mehrkosten betragen dafür rund 50 Mio. Euro.
Eine weitere große Herausforderung für die Bediensteten der Bezügestelle brachte die letzte Tarifeinigung vom 2. März 2019 mit sich. Vereinbart wurden neben der Anhebung der Tabellenentgelte zum 1. Januar 2019 (+ 3,2 %), zum 1. Januar 2020 (3,2 %) und zum 1. Januar 2021 (+ 1,4 %) zum Beispiel auch die Aufspaltung der Entgeltgruppe 9 in die Entgeltgruppen 9a und 9b, die Neuregelung der Garantiebetragsregelungen und neue Entgelttabellen für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst. Aufgrund der Komplexität der Neuregelungen waren zunächst einheitliche Anwendungshinweise innerhalb der Tarifgemeinschaft deutscher Länder abzustimmen. „Dann mussten die Abschlüsse auch programmtechnisch umgesetzt werden“, so Taubert.
Laut Taubert liegen für die kommende Tarifrunde im Herbst noch keine Forderungen der Gewerkschaften vor, dennoch geht die Ministerin davon aus, dass auf die Bediensteten der Bezügestelle wieder neue Aufgaben zukommen werden.
Hintergrund zum Thüringer Gesetz zur Gewährleistung einer verfassungsgemäßen Alimentation
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 4. Mai 2020 zwei maßgebliche Beschlüsse zur Amtsangemessenheit der Alimentation gefasst. Darin hat das BVerfG konkrete Prüfkriterien und eindeutige Vorgaben zur Feststellung des erforderlichen Mindestabstands der Besoldung zum Grundsicherungsniveau gemacht. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Beschlüssen ausdrücklich festgestellt, dass eine verfassungsgemäße Alimentation auch über die Anhebung der kinderbezogenen Bestandteile des Familienzuschlags hergestellt werden kann. Die Gewährleistung einer verfassungsgemäßen Alimentation für Beamtenfamilien mit drei und mehr Kindern kann ausschließlich über die Anhebung der kinderbezogenen Bestandteile des Familienzuschlags gewährleistet werden.