Zum zweiten Mal treffen sich heute und morgen Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft in Thüringen zum Kongress der Arbeitsgruppe „Offenes Design digitaler Verwaltungsarchitekturen (openDVA)“ auf den Dornburger Schlössern.
Das für E-Government und IT zuständige Thüringer Finanzministerium arbeitet seit knapp drei Jahren mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena in verschiedenen Forschungs- und Entwicklungsprojekten zusammen. Alle Projekte zielen darauf ab, den Zugang zu digitalen Verwaltungsdienstleistungen zu beschleunigen.
„In den Forschungs- und Entwicklungsprojekten wird kein alter Wein durch neue Schläuche transportiert. Es geht nicht darum, tradierte Verwaltungsverfahren in Softwareanwendungen zu gießen. Vielmehr wird in den Projekten die disruptive Veränderung simuliert, die es in Deutschland braucht, um im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung wieder Fahrt aufzunehmen“, erklärt Dr. Hartmut Schubert, Finanzstaatssekretär und CIO des Freistaats Thüringen. Er wird morgen um 9 Uhr ein Grußwort auf dem Kongress halten.
Schubert weiter: „Viele der in Jena entwickelten Projektergebnisse entfalten wichtige Impulse. Sie adressieren verschiedene technische Herausforderungen in der föderalen IT-Landschaft und liefern tiefgründige Denkanstöße.“
Mit dem Ziel einer vernetzten digitalen Verwaltungsarchitektur befasst sich die Arbeitsgruppe zur offenen Gestaltung von digitalen Verwaltungsarchitekturen – openDVA. Mit dem Weg vom Gesetzestext bis hin zur digitalisierten Leistung wird anhand des Bürgergeldes erstmalig ein vollständig neuer Weg in der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen aufgezeigt.
Im Projekt Canarėno wird an der KI-gestützten Analyse von Gesetzestexten gearbeitet. Ein erster Prototyp ist bereits fertiggestellt, der nun wichtige Elemente wie handelnde Akteure und Aktionen automatisch im Text erkennt. Dies erleichtert und beschleunigt die Erstellung von Prozessbeschreibungen, die notwendig sind, um eine Leistung zu digitalisieren. Die hierzu entwickelten Grundlagen können auch für den Digitalcheck nachgenutzt werden, der im Bund seit Januar 2023 eingeführt wurde und bald auch in Thüringen etabliert wird. Ziel des Digitalchecks ist es, Gesetzesvorhaben so zu entwerfen, dass sie in Zukunft schneller und besser digital umsetzbar sind.
Ein weiteres Projekt untersucht das Potenzial von digitalen Legobausteinkästen. Mit sogenannten No Code/Low Code-Plattformen sollen Verwaltungsmitarbeitende befähigt werden, Verwaltungsverfahren ohne Programmierkenntnisse eigenständig anzupassen oder zu erstellen. So wurden in Kooperation mit der Stadt Jena Teile des Bürgergeldes komplett digitalisiert inklusive der Bescheid-Erstellung. Die Anwendung befindet sich zurzeit in der Testphase und wird zeitnah in Betrieb genommen.
Da viel Kontextwissen nötig ist, um Fachbegriffe und Zusammenhänge in der Verwaltungsdigitalisierung zu erfassen, arbeitet die Arbeitsgruppe ebenso an einem Wissensgraphen. Ziel ist es, verwaltungsspezifisches Wissen so zu beschreiben und zu verknüpfen, dass Mensch und Maschine es verstehen. Dazu wird eine KI-Methodik genutzt, die auf logischen Beschreibungen basiert. Entscheidungen der Maschine und fachliches Kontextwissen werden so transparenter und nachvollziehbarer.
Die Projekte sind im Kompetenzzentrum Digitale Forschung (zedif) und an der Heinz-Nixdorf-Professur für verteilte Informationssysteme der Universität Jena angesiedelt. Zu den Projektpartnern zählen die Stadtverwaltung Jena, das DLR Institut für Datenwissenschaften, die Universität Bielefeld, das Stein-Hardenberg Institut (SHI), die Hochschule Kehl, das Institut für Angewandte Informatik (InfAI), die Firma BFPI (Büro für Praktische Informatik GmbH) sowie die Firma betterlaw knowledgeTools Automation GmbH. Weitere Informationen sind unter https://opendva.de verfügbar.